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"Das kunstseidene Mädchen" - eine Rezension · 26. Januar 2012

Doris ist mal Sekretärin, mal Statistin, die meiste Zeit bringt sie sich mit dutzenden Männergeschichten durch – aber im Grunde will sie „ein Glanz“ werden, berühmt sein, etwas anderes, und die wahre, große Liebe finden.
Nachdem das in ihrer kleinen Heimatstadt nicht so recht funktionieren will und sie sich zudem wegen des Diebstahls eines Pelzmantels von der Polizei gesucht ahnt, wagt sie den großen Sprung in das Berlin der frühen 1930er Jahre.
Dort ist alles anders, aufregender, und für kurze Zeit sieht es so aus, als sei sie ihrem Traum näher als je zuvor, aber immer wieder machen ihr die Ehefrauen „ihrer“ Männer einen Strich durch die Rechnung. Und trotzdem steckt am Ende etwas Gutes in ihr, etwas Moralisches, auch wenn sie den Pelzmantel, der sich als roter Faden durch die Handlung zieht, nach langem Hin und Her doch nicht zurückgeben kann.
Das ist Doris, wie man sie aus Irmgard Keuns Roman kennt, Das kunstseidene Mädchen – auf den ersten Blick schimmernd und sich elegant gebend, allerdings ohne viel Struktur, dünn und ein wenig billig.

Die Inszenierung am Theater in Lahnstein ließ den Kenner der Geschichte jedoch eine ganz andere Doris erahnen – eine spritzige und geistreiche junge Frau, die sorgloser erscheint als sie ist, aber trotzdem nicht ihr Lächeln verliert.
Das Stück ist als Ein-Frau-Kammerspiel konzipiert, das ohne viel Schnickschnack und Requisiten auskommt, dafür aber mit einer umso brillanteren Darstellerin glänzt.
Mit viel Witz und Sinn für die kleinsten körpersprachlichen Details erweckte Birgit Pelz Keuns Doris nicht nur absolut glaubhaft zum Leben, sondern machte sie sympathischer, als sie in der Romanvorlage je erschienen ist.
Kleine Tanz- und Gesangseinlagen lockerten das doch ziemlich lange Stück eindeutig auf und zogen das Publikum schon nach den ersten Minuten endgültig auf ihre Seite.
Pelz‘ Art zu schauspielern und die oftmals wirren Gedankengänge zu pointieren, zog alle im Raum in ihren Bann – auch uns.
Begeisternd war auch, wie Birgit Pelz mit der geringen Anzahl an Requisiten nicht nur ein Bild erschuf, sondern ein Gefühl, eine Atmosphäre. Wenn sie es wollte, hatten wir wirklich das Gefühl, uns einmal in den Straßen Berlins zu bewegen, einmal einen Blick in die Wohnung eines reichen Industriellen werfen zu können.
Die Inszenierung gab der Geschichte wesentlich mehr Witz und Humor als im Roman anklingen, nahm ihr aber trotzdem nicht die Tiefe. Man hatte nicht das Gefühl, Doris nicht mehr wiederzuerkennen, im Gegenteil, viele von uns hatten das erste Mal das Gefühl, sie richtig zu verstehen.
Und auch wenn die überspitzte Darstellung des 30er Jahre-Mädchens, das wie so viele auszog, um berühmt zu werden, an manchen Stellen doch ein wenig arg dick aufgetragen war, verflogen die knapp zwei Stunden Spielzeit wie im Fluge.
Wir, der 12er Leistungskurs Deutsch, hatten jedenfalls viel Spaß und nahmen am Ende die positive Erfahrung mit nach Hause, dass eigentlich bekannte Handlungen und auch Worte – immerhin stammten zumindest Teile des Skripts aus Keuns Roman – mit einem neuen Anstrich ganz anders wirken können.
Es war ein rundum gelungener Abend, der uns allen viel Freude und bestimmt auch die eine oder andere Erkenntnis bereitet hat – nicht zuletzt die, dass es auf den Glanz nämlich vielleicht gar nicht so furchtbar ankommt.

Von Carolin Barnett und Amelie Behrens

 



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